Dienstag, 7. Juli 2020

Verbotene Kräuter? Die Wirkung von Cannabis war schon vor 250 Jahren Streitthema

Tübinger Historikerin rekonstruiert einen Legalisierungsdiskurs zwischen Wissenschaft und Kirche aus dem 18. Jahrhundert
Soll Cannabis zu medizinischen Zwecken legalisiert werden oder bleibt es eine illegale Droge? Dies wird seit Jahren in vielen Ländern diskutiert ‒ und ist doch schon wesentlich länger Streitpunkt als gedacht: Bereits im Mexiko des 18. Jahrhunderts warb der Priester und Wissenschaftler José Antonio Alzate y Ramírez für die heilende Wirkung der umstrittenen Pflanze – und legte sich dabei mit der spanischen Kolonialmacht und der Inquisition an. Die Historikerin Dr. Laura Dierksmeier vom Sonderforschungsbereich RessourcenKulturen an der Universität Tübingen untersucht die damalige öffentliche Auseinandersetzung dazu in Mexiko. Ihre Studie „Forbidden herbs: Alzate’s defense of ‚pipiltzintzintlis‘“ wurde am 07. Juli im Journal Colonial Latin American Review veröffentlicht.

In einem Zeitungsartikel von 1772 verteidigte Alzate Cannabis, das er unter dem Namen „Pipiltzintzintlis“ aus eigenen Anbau kannte: Er schrieb ihm einen wertvollen medizinischen Nutzen für die Behandlung von Husten, Gelbsucht, Tinnitus, Tumoren, Depressionen und vielem mehr zu. Zudem hielt er die Hanfpflanze für einen hervorragenden Rohstoff zur Herstellung von Seilen für Segelschiffe. Die Spanische Inquisition betrachtete das Halluzinogen hingegen als ein Mittel, um mit dem Teufel in Verbindung zu treten und hatte es daher verboten ‒ genauso wie viele andere psychoaktive Pflanzen oder Verhaltensweisen, die christlichen Grundsätzen angeblich widersprachen.

José Antonio Alzate y Ramírez (1737 - 1799) hatte eine Mission: er wollte der mexikanischen Öffentlichkeit wissenschaftliche und vor allem naturkundliche Erkenntnisse näher bringen. Im Laufe seines Lebens war er Herausgeber vier verschiedener Zeitungen, Mitglied des königlichen botanischen Gartens in Madrid und korrespondierendes Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.

Alzates Belege zum Nutzen von medizinischem Cannabiskonsum reichen von eigenen Erfahrungen, über Berichte von Ureinwohnern und Matrosen bis hin zu medizinischen Enzyklopädien. „Das Spannende ist dabei vor allem die Bandbreite der Quellen des 18. Jahrhunderts, die den medizinischen Marihuanakonsum unterstützten“, sagt Laura Dierksmeier. Alzate nenne hier bekannte Wissenschaftler der damaligen Zeit, wie den Naturforscher Jacques-Christophe Valmont de Bomare, den Mediziner Michael Etmüller, den Arzt und Mitbegründer der Wissenschaftsakademie „Royal Society of London“ Thomas Willis sowie die Ärzte Guy-Crescent Fagon und Engelbert Kämpfer.

Die Historikerin untersuchte außerdem weitere Quellen aus dieser Zeit, die von dem mexikanischen Forscher nicht zitiert wurden, weil er keinen Zugang dazu hatte, oder die Sprache nicht beherrschte. So zum Beispiel den Mediziner und Botaniker Jacobus Tabernaemontanus, der in seinem „Neuw Kreuterbuch“ von 1588 Frauen zur Benutzung von Cannabis rät, um Unterleibsschmerzen zu lindern, oder auch den ersten bekannten englisch-sprachigen Fürsprecher Richard Hooke.

„Alzates öffentliche Verteidigung des verbotenen Krauts zeigt allgemeine Streitfragen der mexikanischen Gesellschaft“, bewertet Laura Dierksmeier die Rolle des unbequemen Geistlichen. „Er war ein unermüdlicher Vermittler zwischen kirchlichen Autoritäten und der Zivilgesellschaft, zwischen der spanischen Inquisition und seinen eigenen wissenschaftlichen Beobachtungen, zwischen Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit sowie zwischen indigenem und europäischem Wissen. Alzates Methoden waren europäisch und typisch für die Aufklärung, seine Mission und sein Fokus aber waren spezifisch lateinamerikanisch: Er war stolz auf die natürliche Umgebung Mexikos und förderte die Verwendung einheimischer Kräuter, auch wenn dies bedeutete, sie vor dem Verbot der Kirche zu verteidigen.“

Das historische Beispiel zeige, dass die Legalisierung von Marijuana schon sehr lange ein kontroverses Thema sei, wie die Wissenschaftlerin erklärt. Allerdings drohte Kritikern des Verbotes damals die Verbannung oder Todesstrafe. Forscher der frühen Neuzeit nahmen ein großes Risiko auf sich, um Informationen zu veröffentlichen, die ihrer Meinung nach der Allgemeinheit dienten. Alzate selbst musste seine Veröffentlichungen nicht mit dem Leben bezahlen. Jedoch wurden drei seiner Zeitungen zensiert und am Ende eingestellt, um ihn in der Öffentlichkeit mundtot zu machen.

„Die Erkenntnisse der Studie können helfen, die gegenwärtige Legalisierungs-Debatte zu bereichern oder zumindest die verhärteten Fronten aufzubrechen“, sagt Dierksmeier. „Denn laut Alzate und den von ihm zitierten Wissenschaftlern überwiegt der Nutzen der Hanfpflanze als Baustoff oder Medizinpflanze die möglichen Nebenwirkungen. Oder wie José Antonio Alzate y Ramírez selbst sagte: ‚Ich glaube, ich habe die Vorteile der Nutzung von Pipilzitzintlis demonstriert, und wie wir in der Sprache der Theologen sagen: Es ist schlecht, weil es verboten ist, nicht verboten, weil es schlecht ist‘.“
Quelle:                                                                                                                                                                                                                        Antje Karbe Hochschulkommunikation                                                                                                                                                                  Eberhard Karls Universität Tübingen
Jacobus Tabernaemontanus: Neuw vollkommentlich Kreuterbuch. Erstausgabe 1588.

Jacobus Tabernaemontanus: Neuw vollkommentlich Kreuterbuch. Erstausgabe 1588.                          Verwendung mit freundlicher Genehmigung der Universitätsbibliothek der Universität Tübingen.

Gefährliche Angst vor dem Virus | Studie am UKU zu Herzinfarktpatienten während der Coronavirus-Pandemie

Das Coronavirus und die damit einhergehenden Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens haben den Alltag vieler Menschen stark verändert. Doch nicht nur das Virus an sich, auch die Angst vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Krankheitserreger kann schwerwiegende Folgen haben, das bestätigt eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums Ulm. Expert*innen der Klinik für Innere Medizin II haben untersucht, welche Veränderungen es bei der Versorgung von Patient*innen mit akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen am Universitätsklinikum Ulm gab und ob sich die Anzahl der Patient*innen mit diesem Krankheitsbild verändert hat.
„Neben der Angst vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Krankheitserreger, denken im Moment die meisten Menschen bei Symptomen wie Luftnot und Brustschmerz zunächst an eine Coronavirus-Erkrankung und nicht an einen Herzinfarkt“, so Professor Wolfgang Rottbauer, ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Lungenerkrankungen des Universitätsklinikums Ulm. „Wir wissen, dass eine verzögerte Diagnostik und Behandlung eines Herzinfarktes Leben und Herzmuskel kostet – denn Zeit ist Muskel. Die Effekte der Coronavirus-Pandemie auf die Herzinfarktversorgung haben wir deshalb über unsere Chest Pain Unit (CPU) analysiert“, so Professor Wolfgang Rottbauer weiter. Die CPU arbeitet seit zehn Jahren für die Großregion Ulm und ist auf die notfallmäßige Behandlung von Herzpatient*innen spezialisiert.
Das Studienteam um Professor Armin Imhof hat hierzu alle Daten von Patient*innen, die zwischen dem 21. März und dem 20. April dieses Jahres notfallmäßig über die CPU aufgenommen wurden, untersucht. „Im Vergleich mit den Patientinnen und Patienten der vergangenen Jahre im gleichen Zeitraum waren die Herzinfarkte größer. Es traten häufiger schwere Komplikationen auf, wie beispielsweise Defekte der Herzscheidewand, die auch häufiger den Einsatz von Herz-Lungenmaschinen notwendig machten. Diese Art der Komplikationen beobachtet man seit Einführung der Chest Pain Units und durch Patientenaufklärung sonst nur noch sehr selten“ berichtet der Erstautor der Studie Dr. Manuel Rattka.
Die Studie zeigt, dass Patient*innen – sogar wenn sie Symptome eines Herzinfarkts zeigten – später medizinische Hilfe gesucht haben als in den beiden Jahren zuvor. „Wir haben die Laborwerte unserer Patientinnen und Patienten mit den Werten der letzten drei Jahre verglichen und festgestellt, dass die kritischen Werte während des Untersuchungszeitraums deutlich höher waren. Diese Erhöhung deutet darauf hin, dass zwischen den ersten Symptomen akuter Herz-Kreislauf-Probleme und der ersten medizinischen Untersuchung eine längere Zeit vergangen ist als üblich“, sagt Professor Armin Imhof. Dies bestätigt auch den Eindruck von Oberarzt PD Dr. Sinisa Markovic, Leiter der Chest Pain Unit und Mitautor der Studie.

Neben der Versorgung in der CPU haben die Herzspezialist*innen des Universitätsklinikums Ulm auch die generelle Anzahl der Akutaufnahmen an der Klinik für Innere Medizin II analysiert. Die an der Studie beteiligten Ärztinnen und Ärzte untersuchten im gleichen Zeitraum (21. März bis 20. April 2020) ob sich die Zahl der Patient*innen, die aufgrund akuter Herz-Kreislauf-Probleme in der Klinik für Innere Medizin II aufgenommen wurden, im Vergleich zu den Vorjahren verändert hat. Die Ergebnisse bestätigen, was viele schon vermuteten: „Verglichen mit den Jahren 2017 bis 2019 haben wir im untersuchten Zeitraum rund 20 Prozent weniger Patientinnen und Patienten wegen akuter Herz-Kreislauf-Probleme aufgenommen“, erklärt der Studienleiter und Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin II, Professor Armin Imhof. „Dies liegt wohl nicht daran, dass plötzlich weniger Menschen an diesen Symptomen leiden, sondern – so vermuten wir – vielmehr an der Angst vieler, sich in einer Klinik mit dem Coronavirus anzustecken.“
Hinzu kommen könnte, dass einige Patient*innen nicht zur Überlastung des Gesundheitssystems während der Coronavirus-Pandemie beitragen wollten bzw. ihre Symptome selbst als nicht kritisch einschätzten. Besonders in den ersten 15 Tagen der Kontaktbeschränkungen seien die Patientenaufnahmen deutlich zurückgegangen. „Dieser Rückgang ist eine besorgniserregende Entwicklung, denn bei vielen Krankheitsbildern, die wir in unserer Klinik behandeln, zählt jede Sekunde. Wenn Menschen, die akute Symptome verspüren, nicht rechtzeitig in eine Klinik kommen, kann das tödliche Folgen haben“, sagt Professor Armin Imhof.

Im Zuge der Coronavirus-Pandemie wurden am Universitätsklinikum Ulm für die Patient*innen, Mitarbeiter*innen und Besucher*innen umgehend zahlreiche Schutzmaßnahmen umgesetzt. Auch während der Hochphase der Pandemie konnten Patient*innen, die mit akuten Herz-Kreislauf-Problemen und anderen kritischen Symptomen in die Chest Pain Unit eingeliefert wurden, jederzeit sicher und effizient dort, in den Herzkatheterlaboren und der kardiologischen Intensivstation versorgt werden.

Über die Chest Pain Unit (CPU)
Auf der Chest Pain Unit der Universitätskardiologie (Klinik für Innere Medizin II) des UKU werden täglich 20-30 Patient*innen mit Verdacht auf Herzinfarkt aus der Stadt und Region Ulm behandelt. Es werden mehr als 2.500 Stentimplantationen an Herzkranzgefäßen durchgeführt, wenn nötig auch unter Einsatz der Herzlungenmaschine. In der Kardiologie des Universitätsklinikums Ulm werden mehr als 6.000 stationäre Patient*innen pro Jahr wegen Herzkrankheiten wie Herzdurchblutungsstörungen (Herzinfarkt), Herzrhythmusstörungen, Herzklappenerkrankungen und Herzschwäche behandelt. Die Herzklinik des UKU ist eine der größten Universitätskardiologien Deutschlands und zählt seit Jahren im Fokus Ranking aufgrund seiner Reputation, seiner Leistungsstärke, seiner höchsten Qualitätsstandards und wissenschaftlichen Leistungen zu den Top Einrichtungen der Herzmedizin in Deutschland.
Quelle:                                                                                                                                                                                                                            Nina Schnürer Unternehmenskommunikation                                                                                                                                Universitätsklinikum Ulm

Nährstoffe aus Mikroalgen: eine umweltfreundliche Alternative zu Fisch

Mikroalgen könnten eine alternative Quelle für die gesunden Omega-3-Fettsäuren in der menschlichen Ernährung sein – und das umweltfreundlicher als beliebte Fischarten. Das zeigt eine neue Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Studie erschien kürzlich in der Fachzeitschrift "Journal of Applied Phycology" und gibt erste Hinweise auf die zu erwartenden Umwelteffekte, wenn Mikroalgen in Deutschland produziert würden.
Mikroalgen befinden sich bereits seit einigen Jahrzehnten im Fokus der Forschung - zunächst als Rohstoff für alternative Kraftstoffe, in jüngster Zeit aber verstärkt als Quelle von Nährstoffen für die menschliche Ernährung. Produziert werden sie hauptsächlich in offenen Teichen in Asien. Diese stellen jedoch ein Risiko für mögliche Verunreinigungen dar. Einige Algenarten lassen sich zudem besser in geschlossenen Systemen kultivieren, in so genannten Photobioreaktoren. "Wir wollten herausfinden, ob Mikroalgen, die in Deutschland in Photobioreaktoren produziert werden, eine umweltfreundlichere Quelle für wichtige Nährstoffe sein könnten als Fisch", sagt Susann Schade vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der MLU. Bisher wurde diese Produktionsmethode häufig nur mit der Kultivierung in Teichen verglichen und schnitt dabei aufgrund höherer Umweltbelastungen oftmals schlechter ab. "Wie hoch diese Umweltwirkungen bei der Algenproduktion für die menschliche Ernährung aber genau sind, wurde bisher kaum untersucht, vor allem nicht unter klimatischen Bedingungen wie sie in Deutschland vorherrschen", so Schade weiter.

In ihrer Studie entwickelten die Forscherinnen und Forscher daher ein Modell, um die standortspezifischen Umweltwirkungen zu bestimmen. "Wir haben so unter anderem die CO2-Bilanz von Nährstoffen aus Mikroalgen und Fisch verglichen. Außerdem haben wir analysiert, wie sehr beide Nahrungsmittelquellen die Versauerung oder zu hohe Nährstoffgehalte in Gewässern begünstigen", erklärt Dr. Toni Meier, Leiter des Innovationsbüros nutriCARD an der MLU. Die Forscherinnen und Forscher konnten so zeigen, dass die Mikroalgenzucht grundsätzlich vergleichbare Umweltkosten verursacht wie die Fischproduktion. "Bezieht man jedoch die Umwelteffekte auf die verfügbaren Mengen an Omega-3-Fettsäuren, so schneidet vor allem Fisch aus Aquakultur schlechter ab", sagt Schade. Vorteil der Algenkultivierung ist der geringe Flächenverbrauch, sogar unfruchtbare Böden können genutzt werden. Sowohl offene Teiche als auch der Futteranbau für Aquakulturen benötigen dagegen sehr große Flächen. Insbesondere in Deutschland beliebte Fischarten, wie Lachs und Pangasius, stammen meist aus Aquakulturen und sind daher mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Aber auch der Alaska-Seelachs aus Wildfang zeigt für alle Umweltindikatoren schlechtere Werte als die Mikroalgen.

"Mikroalgen sollen und können Fisch als Nahrungsmittel nicht komplett ersetzen. Aber wenn Mikroalgen sich als Nahrungsmittel etablieren würden, hätten wir eine zusätzliche hervorragende umweltfreundliche Quelle für langkettige Omega-3-Fettsäuren", sagt Meier. Die Algen werden bereits als Nahrungsergänzungsmittel in Pulver- oder Tablettenform und als Zusatz zu Lebensmitteln wie Nudeln oder Müsli verwendet. Zum einen könnte so die bereits bestehende Lücke in der globalen Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren verkleinert werden. Zum anderen würde das eine erhebliche Entlastung für die Weltmeere bedeuten.

Die Studie wurde im Rahmen des Verbundprojekts "Neue Algenarten als nachhaltige Quelle für bioaktive Nährstoffe in der Humanernährung" (NovAL) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Forschungsverbund sind neben der MLU die Hochschule Anhalt sowie die Universität Leipzig und die Friedrich-Schiller-Universität Jena engagiert.
Quelle:                                                                                                                                                                                                                      Ronja Münch Pressestelle                                                                                                                                                                                        Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Die Sandmücke ist in Süddeutschland auf dem Vormarsch

Die Sandmücke ist in Süddeutschland auf dem Vormarsch. Die Klaus Tschira Stiftung fördert eine Promotion an der Uni Heidelberg zu Ausbreitung und Gefährlichkeit der von ihr übertragenen Krankheiten. Heidelberg/Speyer. Sie sind nur wenige Millimeter groß, stark behaart, haben aufrechte V-förmige Flügel, beigefarbene Körper und schwarze Knopfaugen: Sandmücken. Manch einer hat im Mittelmeerurlaub schon üble Bekanntschaft mit den fürchterlich juckenden Pusteln im Gesicht, im Nacken, an Armen oder Beinen gemacht. Obwohl die Mücken eher unscheinbar aussehen, sind die von ihnen übertragenen Krankheiten tückisch. Seit rund 20 Jahren schicken sich die Plagegeister an, auch nördliche Gefilde zu erobern. Wie weit sie dabei gekommen sind, wo sie vorkommen und welche Gefahr von ihnen und den von ihnen transportierten Krankheitserregern ausgeht, untersucht Sandra Oerther in ihrer von der Klaus Tschira Stiftung geförderten Doktorarbeit. Sowohl das Überträgerpotential als auch die Art der Virus- und Parasiten-Last wurden dabei unter die Lupe genommen. Die gelernte Krankenschwester, die Biotechnologie und später Global Health studierte, hatte stets eine klare Devise: „Wenn ich promoviere, dann nur mit einem Thema, das mich richtig inspiriert und herausfordert.“ Ein solches hat Sandra Oerther mit den Sandmücken gefunden. 1999 wurden Exemplare erstmals in Deutschland entdeckt. Die Fundorte befinden sich vor allem in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz. Jetzt scheinen sie sich im Zuge des Klimawandels auszubreiten. Damit könnten auch bislang unbekannte Krankheiten in der Region Einzug halten. Sicher ist schon jetzt, dass sich die Lebensbedingungen für die Sandmücken dank steigender Jahresmitteltemperaturen und warmer Sommernächte beträchtlich verbessert haben. In den Jahren 2015 bis 2020 gingen der Doktorandin ungefähr 150 Individuen in die Falle. Gefunden wurden die Sandmücken an allen bereits bekannten Orten sowie 15 zusätzlichen. „Sie sind weiter verbreitet als bisher angenommen“, bilanziert sie ihre Ergebnisse, „und wo sie einmal waren, findet man sie in der Regel wieder.“ Das Forschungsgebiet von Sandra Oerther ist dabei ebenso spannend wie knifflig. Denn die Lebensweise der Sandmücke (griechisch Phlebotominae, „phlebos“ für Vene und „tome“ für Schnitt) ist speziell. Sie leben in meist unbewohnten, lehmgestampften, alten und naturbelassenen Gebäuden wie Ställen, Scheunen oder Einbuchtungen im Gestein wie dem Isteiner Klotz. Gemeinsam haben diese Orte, dass sie windgeschützt sind und in der Regel eine höhere Luftfeuchtigkeit aufweisen als die Umgebung. Die nachtaktive weibliche Sandmücke ist ein so genannter Pool-Sauger, das heißt, der Stich dauert etwa drei bis fünf Minuten und dabei entsteht ein kleines Loch; das entstandene Reservoir aus Blut und Lymphe wird dann von ihr aufgesaugt. Aktiv ist sie in den Monaten von Ende Juni bis August. Die Eier, werden an feuchten Stellen auf dem Erdboden oder auch Gemäuerritzen abgelegt. Im Gegensatz zu den Stechmücken (Familie Culicidae) brauchen Phlebotomen-Weibchen nicht zwingend eine Blutmahlzeit, um Eier legen zu können. Zur Ernährung werden meist Zucker oder Pflanzensäfte bevorzugt. Wie bei allen blutsaugenden Insekten geht auch bei der Sandmücke die größte Gefahr von ihrer Rolle Funktion als Überträgerin von Viren, Bakterien und Parasiten aus. Sandra Oerther hat bei ihren Untersuchungen neben den Phleboviren (unter anderem das Toskana-Virus) vor allem die Leishmaniose in den Blick genommen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation liegt die Zahl der Neuerkrankungen an Leishmaniose bei jährlich rund zwei Millionen Menschen weltweit. Hierbei werden von Parasiten, den sogenannten Leishmanien, im Körper von Menschen, aber auch Hunden, Katzen oder Pferden Gewebeschäden angerichtet. Je nach Art und Schweregrad der Erkrankung können Leishmanien neben Haut und Schleimhaut auch Milz, Leber, Knochenmark sowie Lymphknoten schädigen. Der Schweregrad der Erkrankung und das Krankheitsbild richten sich nach Erregerart, Schwere des Befalls und Abwehrkraft der Infizierten. Die Leishmaniose zeigt bei Mensch und Tier meist unterschiedliche Krankheitsbilder. Die Erreger sind schon da. Etliche aus Südeuropa nach Deutschland gerettete Hunde sind an Leishmaniose erkrankt. Zumindest theoretisch könnten sie via Sandmücken den Erreger übertragen. Aber auch beim Menschen gab es in Deutschland in den letzten Jahren bereits einige Fälle, sowohl importierte als auch Fälle, von denen ein Auslandsaufenthalt nicht bekannt war. Bei den Untersuchungen von Sandra Oerther gab es zumindest einen Grund zur Entwarnung. Es wurden von ihr bislang nur Sandmücken der Art Phlebotomus mascittii entdeckt. Und die wiederum sind zur Fortpflanzung nicht unbedingt auf eine Blutmahlzeit angewiesen. Schlecht für die Leishmanien, die nur dann übertragen werden, wenn eine Sandmücke erst einen infizierten Wirt und dann einen Gesunden sticht. Was aber heute schon übertragen werden könnte, sind Viren. Das Toskana-Fieber beispielsweise – eine grippeähnliche Erkrankung, die zu Hirnhautentzündung führen kann. „Wenn“, so die Forscherin, „neu auftretende Krankheitserreger frühzeitig erkannt werden und der Modus der Übertragung bekannt ist, können präventive Kontrollmechanismen besser entwickelt, untersucht und umgesetzt werden.“ Derzeit können nur die gängigen Mittel des Mückenschutzes empfohlen werden. „Eine wirksame, interdisziplinäre Zusammenarbeit wird entscheidend sein, um solchen Bedrohungen der Gesundheit in Zukunft begegnen zu können“, sagt die Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung, Beate Spiegel. „Wir freuen uns“, so Spiegel weiter, „dass wir damit einen interdisziplinären Ansatz in der Forschung zum Wohle der Menschen fördern können.“ Antragsteller waren das Institut für Dipterologie und die Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung in Speyer sowie die Universität Heidelberg.

Quelle: 
Kirsten Baumbusch Medien und Kommunikation
Klaus Tschira Stiftung gGmbH

Dienstag, 30. Juni 2020

Überraschende Säugetiervielfalt im vietnamesischen Bidoup Nui Ba Nationalpark entdeckt

Eine aktuelle Erfassung von Wildtierarten hat eine überraschend hohe Vielfalt an Säugetierarten im Bidoup Nui Ba Nationalpark (Bidoup Nui Ba NP) enthüllt, einem großen Schutzgebiet im südlichen Teil des Annamiten-Gebirges in Vietnam. Die Präsenz zahlreicher seltener und gefährdeter Säugetiere in diesem Gebiet ist ein Hoffnungsschimmer für den langfristigen Erhalt der einzigartigen Biodiversität Vietnams.
Seit Oktober 2019 führt der Bidoup Nui Ba NP in Zusammenarbeit mit dem vietnamesischen Southern Institute of Ecology (SIE) und dem Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) die erste groß angelegte Erhebung der Artenvielfalt im gesamten Schutzgebiet mittels Kamerafallen durch. Die ersten Kamerafallendaten der noch weiterlaufenden Untersuchung enthüllte bereits jetzt eine außergewöhnlich hohe Vielfalt von mindestens 21 Säugetierarten, von denen sieben weltweit bedroht sind.

„Wir waren begeistert, eine so artenreiche und vielfältige Gemeinschaft an Säugetieren vorzufinden", sagt Dr. Le Van Huong, Direktor des Bidoup Nui Ba NP. „Seltene Tiere, die in anderen Teilen Vietnams vom Aussterben bedroht sind, gedeihen noch immer in den Wäldern des Bidoup Nui Ba NP. Dieses Schutzgebiet ist ein wahrer nationaler Schatz und für die weltweite Biodiversität von großer Bedeutung."

Das wichtigste Ergebnis der Artenerfassung sind mehrere Kamerafallenfotos des Riesenmuntjaks (Muntiacus vuquangensis), einer vom Aussterben bedrohten Hirschart, die nur im Annamiten-Gebirge vorkommt (endemische Art). Naturschutzforscher*innen gehen davon aus, dass diese Art in den meisten seiner früheren Verbreitungsgebiete in Vietnam bereits ausgestorben ist. Nachdem 2017 die ersten Fotos eines Riesenmuntjaks aufgenommen wurden, bestärken die neuen Aufnahmen die Einschätzung von Wissenschaftler*innen, dass der Bidoup Nui Ba NP eine der letzten Hochburgen für diese bedrohte Art in Vietnam sein könnte. Dieses Schutzgebiet ist daher für das langfristige Überleben der Art von entscheidender Bedeutung.

Neben dem Riesenmuntjak wurde mit den Kamerafallen auch eine weitere auf das Annamiten-Gebirge beschränkte endemische Art erfasst: der Fleckenroller (Chrotogale owstoni). Dieses auffallend gemusterte kleine Raubtier steht infolge der weit verbreiteten Wilderei zur Versorgung des Buschfleischhandels in Vietnam kurz vor der Ausrottung. „Wir haben bisher die Hälfte des Gebietes untersucht und bereits sieben Aufnahmen dieser Art gesammelt. Der Bidoup Nui Ba NP ist eines der wenigen Schutzgebiete in Vietnam, in dem so viele Aufzeichnungen des Fleckenrollers bisher gelungen sind", erklärt An Nguyen, Projektkoordinator und Doktorand am Leibniz-IZW. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass innerhalb des Nationalparks wahrscheinlich eine gesunde Population lebt."

Zu den unerwarteten Ergebnissen gehört eine Reihe von Bildern eines Albino-Stachelschweins. Stachelschweine sind in vielen Schutzgebieten Vietnams noch relativ häufig anzutreffen, vollkommen weiße Tiere sind jedoch extrem selten.

Das Wissenschaftsteam war auch überrascht, dass sich unter den Aufnahmen zahlreiche Fotos von Malaienbären (Helarctos malayanus) befanden. Malaienbären sind mittlerweile in der Wildnis nur sehr selten anzutreffen, auch weil viele von ihnen gefangen und in Bärengallenfarmen in ganz Vietnam überführt worden. Das letzte bekannte Foto eines Malaienbären in freier Natur wurde vor fast 20 Jahren im Cat Tien Nationalpark aufgenommen. Die neuen Aufnahmen geben Hoffnung für das Überleben dieser in der Natur seltenen Art. Diese Hoffnung wird jedoch durch die Wilderei in Vietnam getrübt, wie eines der Kamerafallenfotos zeigt: Ein Malaienbär wies eine große Wunde an seinem Bein auf, verursacht durch eine Drahtschlinge. „In Vietnam spielt die Wilderei eine große Rolle beim Verlust der biologischen Vielfalt. Das Vorkommen von endemischen Tierarten im Bidoup Nui Ba Nationalpark im Vergleich zu anderen Schutzgebieten in den Annamiten zeigt, wie bedeutend und schützenswert dieses Gebiet ist“, erklärt Dr. Andreas Wilting, Wissenschaftler am Leibniz-IZW.
Quelle: Anja Wirsing Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V.  Forschungsverbund Berlin e.V.
Fleckenroller
Fleckenroller            Foto: Leibniz-IZW

Mittwoch, 27. Mai 2020

Winterliches Bienensterben: Zucker aus Waldhonig gefährdet Überleben der Völker

Studie der Uni Hohenheim: spezieller Zucker im Waldhonig reduziert Lebensdauer von Bienen und führt zu starken Ertragsverlusten / Gegenmaßnahmen nur rechtzeitig möglich
Imker kennen das Problem, wenn der Honig beim Schleudern wie Zement in den Waben klebt. Ursache ist ein hoher Gehalt eines besonderen Zuckers, der Melezitose. Er ist verantwortlich dafür, dass der Honig schon in den Waben auskristallisiert und nicht mehr herausgeschleudert werden kann. Die Folge sind nicht nur massive Ertragsverluste. Die sogenannte Waldtrachtkrankheit steht auch im Verdacht, ganze Bienenvölker in Gefahr zu bringen. Eine Vermutung, die jetzt erstmals von Wissenschaftlern der Universität Hohenheim in Stuttgart anhand von Laborexperimenten bestätigt wurde. Demnach führt der spezielle Zucker zur Schädigung der Darmbakterien der Bienen und reduziert so ihre Lebensdauer. Details berichten Victoria Seeburger von der Landesanstalt für Bienenkunde und ihre Kollegen in ihrer aktuellen Publikation im Journal PloS ONE https://doi.org/10.1371/journal.pone.0230871

Honigbienen ernähren sich im Frühjahr überwiegend von Honig, den sie aus Blütennektar herstellen. Im Sommer nehmen nektarliefernde Blüten ab und der Honigtau wird attraktiver und stellt oft die Hauptnahrungsquelle dar.

Was so appetitlich klingt sind nichts anderes als die Ausscheidungen von verschiedenen Lausarten, die sich von dem Pflanzensaft vor allem von Nadelbäumen ernähren. Das Ergebnis ist zwar ein wohlschmeckender Waldhonig, Imkern ist aber bekannt, dass dieser Honigtauhonig vor allem zu Beginn des Winters bei ihren Honigbienen zur so genannten Waldtrachtkrankheit führen kann.

Die Hinterleiber der betroffenen Bienen sind angeschwollen oder sie erleiden einen massiven Haarausfall. Oft zeigen sie auch ein verändertes Verhalten: Viele Bienen bleiben am Eingang des Bienenstocks, anstatt auszufliegen. Dieser Zustand kann sich soweit verschlechtern, dass ganze Stöcke innerhalb kurzer Zeit eingehen. Allerdings wurde als Ursache für die Waldtrachtkrankheit bislang der hohe Mineralstoffgehalt im Waldhonig vermutet.

Melezitose-Zucker als Ursache erstmals bestätigt

Honigtau enthält im Vergleich zu Blütennektar eine größere Zahl von speziellen Zuckern, die von den Läusen produziert werden. Dazu gehört auch die Melezitose. Sie ist in Blütennektar nicht zu finden, kann aber im Honigtau von Läusen, die auf Fichten leben, bis zu 70 % des Zuckeranteils ausmachen. Sie steht schon lange im Verdacht für die Erkrankung der Bienen verantwortlich zu sein.

Um diese Vermutung zu überprüfen, führte Victoria Seeburger im Rahmen ihrer Doktorarbeit in drei aufeinanderfolgenden Jahren Fütterungsexperimente mit Honigbienen durch. Dabei zeigt sich, dass mit Melezitose gefütterte Bienen deutlich mehr im Vergleich zu Bienen fraßen, denen eine Kontrolldiät verabreicht wurde.

Darüber hinaus wiesen die mit Melezitose gefütterten Bienen schwere Krankheitssymptome auf, wie ein geschwollener Hinterleib, das Tippen mit dem Hinterleib auf den Boden und Bewegungsstörungen bis hin zur kompletten Lähmung. Schließlich starben auch viele von ihnen. Dies bestätigt zum ersten Mal, dass Melezitose die Symptome der Waldtrachtkrankheit auslösen kann.

Die Analyse ihrer Darmbakterien (Mikrobiota) mit Hilfe der Hochdurchsatzsequenzierung zeigte, dass sich bei den Bienen, die mit Melezitose gefüttert wurden, das Artenspektrum der Milchsäurebakterien verändert hat. „Wir gehen deshalb davon aus, dass Melezitose von den Bienen nicht gut verdaut werden kann und sich im Darm ansammelt“, sagt Victoria Seeburger. Die Bienen sind offenbar mangelhaft ernährt, obwohl sie eigentlich ausreichend fressen. „Die geschwächten Tiere sind zudem auch anfälliger für Krankheitserreger, was die Sache noch verschlimmert.“

Imker sollten rechtzeitig reagieren

Für Imker hat Victoria Seeburger die Empfehlung, Honigtau mit einem hohen Gehalt an Melezitose zu vermeiden: „Sie sollten ihre Kolonien aus den Wäldern entfernen, wenn die Umweltbedingungen die Melezitoseproduktion begünstigen.“ Dies sei beispielsweise bei Honigtau der von Imkern gefürchteten großen schwarzen Fichtenrindenlaus der Fall.

Aber auch im Winter kann es zu Problemen kommen: „Bienen sind sehr saubere Tiere, die nur außerhalb des Stockes abkoten. Wenn sie im Winter den Stock nicht verlassen, kann sich die Melezitose im Darm anreichern.“ Deswegen sollten mit Melezitosehonig gefüllte Waben möglichst aus den Stöcken entfernt werden, so dass sie den Tieren nicht mehr als – kaum zu verdauendes – Futter zur Verfügung stehen.

Eine Gefahr für Menschen sieht Seeburger übrigens nicht, auch wenn es dazu keine Untersuchungen gibt: „Flüssiger Waldhonig hat nur einen niedrigen Melezitosegehalt und mit diesen geringen Mengen sollte das menschliche Verdauungssystem gut klarkommen.“
Quelle:                                                                                                                                                                  Florian Klebs Hochschulkommunikation                                                                                                     Universität Hohenheim

Starke Ertragseinbußen und gefährdete Völker: Wenn Honig wie Zement in den Waben klebt, liegt das am Melezitose-Zucker im Waldhonig.

Starke Ertragseinbußen und gefährdete Völker: Wenn Honig wie Zement in den Waben klebt,
liegt das am Melezitose-Zucker im Waldhonig.
Universität Hohenheim/Seeburger

Dienstag, 26. Mai 2020

Föten in Impfstoffen?

Hier finden Sie Fachinformationen zum Thema Impfstoffe aus Zellen von abgetriebenen Föten.

Die Texte sind von den "Ärzte für das Leben e.V."

Ärzte für das Leben
  • betrachten die Unantastbarkeit menschlichen Lebens als unverzichtbare Basis ärztlichen Handelns und ziviler Sicherheit der menschlichen Gemeinschaft
  • treten für den Schutz menschlichen Lebens von der Eizellbefruchtung bis zum natürlichen Tod ein
  • halten diese Handlungsprinzipien im ärztlichen Alltag und allen Lebensbereichen unserer Gesellschaft wach und mahnen sie an
  • treten auch dann dafür ein, wenn sie sich in Gegensatz zur öffentlichen Meinung wissen
  • setzen sich kritisch mit aktuellen Strömungen in der Medizin auseinander, soweit diese die grundsätzliche Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens in Frage stellen.                   

Hier könnt ihr eine PDF Datei herunterladen zum Thema:
Masern: Derzeitige Impfsituation in Deutschland (Stand 3/2020)



Als Nächstes noch eine Abhandlung über Föten in Impfstoffen.
Hier könnt Ihr die PDF-Datei dazu herunterladen.







Honigbienen: Pflanzenschutzmittel stört Brutpflegeverhalten und Larven-Entwicklung

Durch eine neu entwickelte Videotechnik konnten Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt am Institut für Bienenkunde der Polytechnischen Gesellschaft erstmals die komplette Entwicklung einer Honigbiene im Bienenstock aufzeichnen. Dabei stellten die Forscher fest, dass bestimmte Pflanzenschutzmittel – Neonikotinoide – das Verhalten der Ammenbienen veränderten: Sie fütterten die Larven seltener. Die Larven benötigten bis zu 10 Stunden länger in ihrer Entwicklung. Eine längere Entwicklungszeit im Stock kann den Befall mit Bienenschädlingen wie der Varroa-Milbe begünstigen (Scientific Reports, DOI 10.1038/s41598-020-65425-y)
Honigbienen haben ein sehr komplexes Brutverhalten: Eine Putzbiene reinigt eine leere Wabe (Brutzelle) von den Resten der vorherigen Brut, bevor die Bienenkönigin ein Ei hineinlegt. Sobald die Bienenlarve geschlüpft ist, wird sie sechs Tage lang von einer Ammenbiene gefüttert. Dann verschließen die Ammenbienen die Brutzelle mit einem Deckel aus Wachs. Die Larve spinnt sich in einen Kokon ein und durchläuft eine Metamorphose, während der sie ihren Körper umformt und Kopf, Flügel und Beine entwickelt. Drei Wochen nach der Eiablage schlüpft die ausgewachsene Biene aus dem Kokon und verlässt die Brutzelle.

Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt konnten nun am Institut für Bienenkunde der Polytechnischen Gesellschaft durch eine neue Videotechnik erstmals die komplette Entwicklung einer Honigbiene im Bienenvolk aufzeichnen. Dazu konstruierten die Forscher einen Bienenstock mit einer Glasscheibe und konnten auf diese Weise viele Brutzellen von insgesamt vier Bienenvölkern gleichzeitig über mehrere Wochen hinweg mit einem speziellen Kamera-Aufbau filmen. Dabei nutzten sie Rotlicht, um die Bienen nicht zu stören, und zeichneten alle Bewegungen der Bienen an den Brutzellen auf.

Die Forscher interessierten sich dabei speziell für das Brutpflegeverhalten der Ammenbienen, deren Futter (ein Zuckersyrup) sie geringe Mengen an Pflanzenschutzmitteln, so genannten Neonikotinoiden, zusetzten. Neonikotinoide sind hoch wirksame Insektizide, die in der Landwirtschaft vielfach eingesetzt wurden und werden. In natürlicher Umgebung gelangen Neonikotinoide durch Nektar und Pollen, den die Bienen sammeln, in das Bienenvolk. Es ist bereits bekannt, dass diese Stoffe unter anderem die Navigationsfähigkeit und das Lernverhalten der Bienen stören. Einige Neonikotinoide hat die Europäische Union für den Pflanzenbau verboten, was seitens der Agrarindustrie kritisiert wurde.

Über Machine-Learning-Algorithmen, die die Wissenschaftler zusammen mit Kollegen des Centers for Cognition and Computation der Goethe-Universität entwickelten, konnten sie das Brutpflegeverhalten der Ammenbienen halbautomatisch auswerten und quantifizieren. Das Ergebnis: Bereits geringe Dosen der Neonikotinoide Thiacloprid oder Clothianidin führen dazu, dass die Ammenbienen an einigen Tagen der 6-tägigen Larvenentwicklung weniger häufig und somit kürzer fütterten. Manche der so aufgezogenen Bienen benötigten bis zu 10 Stunden länger bis zum Verschluss der Zelle mit einem Wachsdeckel.

„Neonikotinoide wirken auf das Nervensystem der Bienen, indem sie den Rezeptor für den Nerven-Botenstoff Acetylcholin blockieren“, erklärt Dr. Paul Siefert, der in der Arbeitsgruppe von Prof. Bernd Grünewald am Institut für Bienenkunde Oberursel die Experimente durchgeführt hat. Siefert: „Wir konnten erstmals zeigen, dass Neonikotinoide auch das Sozialverhalten der Bienen verändern. Das könnte ein Hinweis auf die von anderen Wissenschaftlern beschriebenen Störungen der Brutentwicklung durch Neonikotinoide sein.“ Auch Parasiten wie die gefürchtete Varroa-Milbe (Varroa destructor) profitieren von einer verlängerten Entwicklung, denn die Milben legen ihre Eier in Brutzellen kurz vor der Verdeckelung ab: wenn diese länger geschlossen sind, können sich die Milbennachkommen ungestört entwickeln und vermehren.

Es sei allerdings noch zu klären, so der Wissenschaftler, ob die Verzögerung der Larvenentwicklung auch auf die Verhaltensstörung der brutpflegenden Bienen zurückzuführen sei oder ob sich die Larven durch veränderten Futtersaft langsamer entwickeln. Solchen Futtersaft produzieren die Ammenbienen und füttern die Larven damit. „Wir wissen aus anderen Studien aus unserer Arbeitsgruppe“, so Siefert, „dass sich durch Neonikotinoide die Konzentration von Acetylcholin im Futtersaft verringert. Andererseits haben wir beobachtet, dass sich bei höheren Dosierungen auch die frühe Embryonalentwicklung im Ei verlängert, in einem Zeitraum also, in dem noch nicht gefüttert wird.“ Weitere Studien müssten klären, welche Faktoren hier zusammenwirken.

Die neue Videotechnik und die Auswertungs-Algorithmen jedenfalls bieten großes Potenzial für weitere Forschungsprojekte. Denn neben den Fütterungen konnten auch Heiz- oder Bauverhalten zuverlässig erkannt werden. Siefert: „Unsere innovative Technologie erlaubt es, grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen über die sozialen Interaktionen im Bienenvolk, über die Biologie von Parasiten und die Sicherheit von Pflanzenschutzmitteln.“
Quelle:   
Markus Bernards Public Relations und Kommunikation                                                                                                                                              Goethe-Universität Frankfurt am Main
                                                                                                                                                                   
Der Brutbereich der Bienen wurde mit einer Kamera (grün) durch eine Dombeleuchtung (grau) hindurch gefilmt. Der speziell angefertigte Bienenstock (braun) war nur 3,5 cm breit, damit die Bienen möglichst rasch in den äußeren Zellen Brut aufzogen (rechts)
Paul Siefert